Eine Grundsatzfrage in der Gestaltung eines Trainingsplans ist die nach Grundübungen und isolierten Bewegungen. Über kaum ein anderes Thema wird so erbittert gestritten, obwohl – das können wir an dieser Stelle schon vorwegnehmen – ein Mittelweg die richtige Wahl wäre.
Denn scheinbar jeder Sportler hat das Gefühl, seine Muskeln mit einer der beiden Übungsformen mehr zu spüren, besser zu treffen, stärker zum Wachsen zu bringen oder sonst irgendeinen entscheidenden Vorteil zu haben.
Aber was hat es mit Grund- und Isolationsübungen überhaupt auf sich? Welche Vorteile haben die Formen jeweils? Und welche Übungen sollten deinen Plan bestimmen?
Der Unterschied zwischen Grundübungen und Isolationsübungen
Eigentlich könnte man den beiden Formen auch andere Namen geben – und zumindest im Fall der Grundübungen ist der Name „Mehrgelenkübungen“ auch verbreitet. Dieser Ausdruck beschreibt ziemlich gut, worum es dabei geht:
Eine Grundübung wird immer über mindestens zwei Gelenke gestemmt und erfordert damit den Einsatz und das Zusammenspiel mehrerer Muskelgruppen. Als Beispiel kann hier das Bankdrücken dienen: Es werden Schulter – und Ellbogengelenk genutzt und damit mehrere Muskelgruppen, nämlich Brust, Trizeps und Schulter, angesprochen. Welche Vorteile das mit sich bringt, werden wir weiter unten erfahren.
Isolationsübungen sind entsprechend Übungen, bei denen nur ein Gelenk bewegt wird. Typisches Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Bizepscurl, denn dort wird nur das Ellbogengelenk genutzt und damit der Armbeuger isoliert trainiert. Aber auch Flys, Trizepsdrücken oder Wadenheben sind klassische Isolationsübungen.
Welche Vorteile haben Grundübungen?
Zu den klassischen Grundübungen gehören vor allem die „Big Five“ im Kraftsport: Kreuzheben, Kniebeugen, Bankdrücken, Klimmzüge und Schulterdrücken. Das sind aber natürlich nicht alle mehrgelenkigen Übungen – Rudern mit der Langhantel etwa ist ein weiteres Beispiel.
Der offensichtliche Vorteil der Grundübungen liegt in der Zeitersparnis – denn da mit nur einer Übung gleich mehrere Muskelgruppen beansprucht werden, ist für das Training des gesamten Körpers deutlich weniger Zeit nötig als beim alleinigen Einsatz von Isolationsübungen.
Außerdem interessant: Beim Krafttraining werden Wachstumshormone ausgeschüttet. Je größer der Muskel, desto größer ist auch die Ausschüttung an Hormonen – und da bei komplexen Übungen wie dem Kreuzheben oder der Kniebeuge ein großer Teil deiner gesamten Muskelmasse aktiviert wird, ist auch die Hormonausschüttung und damit das Wachstum besonders intensiv.
Dazu kommt das Training des Herz-Kreislauf-Systems durch die hohe Intensität – die beanspruchte Muskelmasse muss mit Blut versorgt werden, was für den Körper eine Herausforderung darstellt und ihn zwingt, die Leistungsfähigkeit des kardiovaskulären Systems zu erhöhen.
Wie sieht es mit den Isolationsübungen aus?
Auch die Isolationsübungen haben natürlich ihre Berechtigung und Vorteile. Dazu gehört zuerst einmal die Möglichkeit, Muskeln gezielt zu belasten und damit wirklich bis an ihre Grenzen zu bringen.
Am besten lässt sich das an einem Beispiel verdeutlichen: Nehmen wir an, du absolvierst in deiner Einheit Bankdrücken. Wenn du keine Wiederholung mehr absolvieren kannst, muss das aber nicht unbedingt daran liegen, dass deine Brust am Limit ist:
Bei Grundübungen bestimmt immer das schwächste Glied in der Kette, wann keine Wiederholung mehr möglich ist. Wenn also zum Beispiel dein Trizeps nachgibt, deine Brust aber noch Kraft hat, dann fällt der Wachstumsreiz für die Brust nicht so effektiv wie möglich aus. Eine zusätzliche Isolationsübung wie Kabelflys kann in diesem Fall dafür sorgen, dass auch die stärkere Muskulatur an ihre Grenzen gelangt.
Ein weiterer Vorteil ist außerdem das stärkere Bewusstsein der sogenannten „Geist-Muskel-Verbindung“. Das bedeutet, dass du dich stärker auf den einzelnen Muskel konzentrieren kannst, als das etwa bei einer Kniebeuge der Fall wäre – klar, denn deine volle Aufmerksamkeit kannst du immer nur einem Muskel widmen.
Wozu das gut ist? Ganz einfach: Studien zeigen, dass das Muskelwachstum effektiver vonstatten geht, wenn sich der Sportler intensiv auf den trainierten Muskel konzentriert.
Was ist effektiver?
Wenn du diese Frage im Studio stellst, solltest du danach schnell in Deckung gehen – denn ich kann dir garantieren, dass sich die Anhänger der jeweiligen Übungen schnell eine erbitterte Diskussion liefern werden.
Dabei zeichnet sich meist eine gewisse Lagerbildung ab: Den einen geht es vor allem darum, durch das Krafttraining stärker zu werden, mehr Gewicht bewegen zu können – die andere Seite legt vor allem Wert auf mehr Muskelmasse und den optischen Aspekt.
Vielleicht wird dir schon klar, was das bedeutet: Es läuft einmal mehr darauf hinaus, dass jeder für sich selbst entscheiden muss, worauf es ihm ankommt.
Denn Grundübungen und Isolationsübungen können gleichermaßen effektiv sein – jede auf ihre Art und für jede Zielsetzung ist eine andere Auswahl an Übungen passend.
Grundübungen machen dich stärker
Das ist zwar etwas platt ausgedrückt, aber der Kern der Sache: Da du das Zusammenspiel der Muskeln trainierst und nicht nur einzelne Muskeln an ihre Grenzen bringst, wirst du schnell Kraft aufbauen.
Dazu trägt unter anderem die verbesserte Koordination bei, die durch das ständige Wiederholen der gleichen Bewegungsabläufe entsteht. Doch auch für den Muskelaufbau sind Grundübungen eine gute Wahl – die Gründe dazu kennst du ja bereits.
Da du viele Muskeln auf einmal ansprichst, sind die komplexen Übungen besonders für den Masseaufbau eine gute Wahl – so viel Muskelmasse mit Isolationsübungen anzusprechen würde Stunden dauern und wäre damit nicht gerade effizient.
Wenn du also Kraft und allgemein Masse aufbauen willst, dann dürfen Grundübungen in deinem Trainingsplan auf keinen Fall fehlen.
Isolationsübungen formen deinen Körper
Auch das ist wieder nur grob ausgedrückt, aber ebenfalls wahr. Du kannst mit Isolationsübungen gezielt einzelne Muskelgruppen ansprechen – das sorgt unter anderem für eine Ausbelastung aller Muskeln, was wiederum zum bestmöglichen Wachstum führt.
Da du auch deine Schwachpunkte gezielt ansprechen kannst, kannst du deinen Körper mit Isolationsübungen ganz nach deinen Wünschen formen. Während du bei mehrgelenkigen Übungen kaum bestimmen kannst, welche Muskeln einen bestimmten Wachstumsreiz erhalten, ist das mit eingelenkigen Übungen problemlos möglich.
Kleines Beispiel: Nehmen wir an, du bist mit deinem Körperbau eigentlich zufrieden, nur deine Schultern erscheinen dir zu schmal. In einem solchen Fall kannst du eine Isolationsübung wie das Seitheben nutzen, um gezielt die seitliche Schultermuskulatur anzusprechen – und so für mehr Breite zu sorgen.
Isolationsübungen sind also dafür geeignet, alle Muskeln auszulasten und einzelne Schwachstellen nach deinen Wünschen zu stärken, um so deinen Körper nach deinen Vorstellungen zu formen.
Die beste Lösung liegt in der Mitte
Das war eine Menge Theorie – was können wir daraus für die Praxis mitnehmen?
Ganz einfach: Wenn du gerade erst in das Training einsteigst, dann ermöglichen dir komplexe Grundübungen einen guten Einstieg und stärken deinen gesamten Körper. Und auch, wenn Kraft allein dein Ziel ist, dann sind mehrgelenkige Übungen die richtige Wahl.
Mit Isolationsübungen allein kannst du zwar auch Muskeln aufbauen, kraftmäßig kannst du aber keinen riesigen Zuwachs erwarten. Denn auch wenn die einzelnen Muskeln stärker werden, ist das Zusammenspiel für die Kraft am Ende entscheidend.
Deshalb ist eine Kombination beider Übungsformen die beste Wahl, wenn du deinen Körper langfristig formen willst. Grundübungen sorgen für die nötige Masse, während Isolationsübungen Schwachstellen ausbügeln und für den Feinschliff sorgen.
Nutze alle Möglichkeiten!
Der Unterschied zwischen Grundübungen und Isolationsübungen ist also zunächst einmal die Anzahl der bewegten Gelenke und angesprochenen Muskeln. Während Grundübungen immer relativ viel Muskelmasse involvieren, ist bei Isolationsübungen grundsätzlich nur eine Muskelgruppe beteiligt.
Beide Formen unterscheiden sich auch in ihren Vorteilen – komplexe Übungen sorgen für Kraft und Masse, isolierte Bewegungen bügeln Schwachstellen aus und ermöglichen den letzten Feinschliff.
Für ein umfassendes Training stellst du dich deshalb möglichst nicht auf eine Seite, sondern kombinierst beide Möglichkeiten – das ermöglicht es dir, deinen Körper genau nach deinen Vorstellungen zu formen und dabei nicht nur optisch stärker zu werden, sondern auch ein echter Athlet.
Begrenze deine Ergebnisse nicht selbst, indem du nicht alle Mittel nutzt. Schöpfe den gesamten Pool an Möglichkeiten aus und entfessele dein volles Potential!
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